Du, weißt du ...
Du, weißt du, wie ein Rabe schreit?
Und wie die Nacht, erschrocken bleich,
nicht weiß, wohin zu fliehn?
Wie sie verängstigt nicht mehr weiß:
Ist es ihr Reich, ist es nicht ihr Reich,
gehört sie dem Wind oder er ihr,
und sind die Wölfe mit ihrer Gier
nicht zum Zerreißen bereit?.
Du, weißt du, wie der Wind schrill heult
und wie der Wald, erschrocken bleich,
nicht weiß, wohin zu fliehn?
Wie er verängstigt nicht mehr weiß:
Ist es sein Reich, ist es nicht sein Reich,
gehört er dem Regen oder der Nacht
und ist der Tod, der schauerlich lacht,
nicht sein allerhöchster Herr?
...
Eine junge Frau konnte ihre große Liebe nicht leben. Sie musste sterben, weil sie Jüdin war. 57 Gedichte machen sie unvergesslich.
Über den Autor Selma Meerbaum-Eisinger
Selma Meerbaum-Eisinger (5.2.1924 Czernowitz - 16.12.1942 Zwangsarbeiterlager Michailowka), Tochter eines jüdischen Schuhhändlers, ist eine aus Rumänien stammende, deutschsprachige Dichterin. Aufgrund ihrer jüdischen Abstammung verfolgt, stirbt Meerbaum-Eisinger in einem Arbeitslager im Alter von 18 Jahren an Fleckfieber. Durch Freunde gelangt ihre handschriftliche und mit "Blütenlese" betitelte Sammlung von Gedichten noch während des Zweiten Weltkriegs bis nach Israel. 1980 werden ihre Gedichte, darunter "Ich bin der Regen", "Ich bin die Nacht", "Abend", "Der Sturm" oder "Schlaflied für die Sehnsucht" - vorwiegend impressionistische Liebes- und Naturlyrik - wiederentdeckt und unter dem Namen "Ich bin in Sehnsucht eingehüllt" veröffentlicht. Bei Reclam erscheint neben der vollständigen Gedichtsammlung "Blütenlese" in der Universal-Bibliothek mit "Ich gehe mit der Nacht vereint" eine Auswahl ihrer Gedichte als Geschenkbuch.